Abfälle
Gut vier Fünftel (80%) aller radioaktiven Abfälle entstehen in den Kernkraftwerken. Ca. 20% kommen aus der Anwendung radioaktiver Stoffe in der Medizin (z.B. in der Strahlentherapie), in der Industrie (z.B. in Rauchmeldern) und in der Forschung (z.B. bei Materialuntersuchungen). Alle radioaktiven Abfälle werden sorgfältig in einem Inventar der Nagra registriert. So ist den Behörden genau bekannt, wo sich welche Abfälle befinden und in Zukunft entsorgt werden müssen.

Stark unterschiedliche Radioaktivität
Die radioaktiven Abfälle lassen sich in zwei Hauptkategorien unterteilen:
- Hoch radioaktive Abfälle (HAA): ausgediente Brennelemente und hoch radioaktives Abfallglas aus der Wiederaufarbeitung (Recycling). Diese (fortan hochaktiv genannten) Abfälle enthalten 99 Prozent der Radioaktivität aller Abfälle.
- Schwach- und mittel radioaktive Abfälle (SMA): Betriebsabfälle und Bauschutt vom Abbruch der Kernkraftwerke sowie Abfälle aus Medizin, Industrie und Forschung. Diese (fortan schwach- resp. mittelaktiv genannten) Abfälle enthalten nur ein Prozent der Radioaktivität aller Abfälle.
Dazu kommt noch eine geringe Menge von alphatoxischen Abfällen (ATA), die beim radioaktiven Zerfall eine intensive Alphastrahlung aussenden. Die ATA stammen v.a. aus der Wiederaufarbeitung von Brennelementen und enthalten nur gerade 0,1 Prozent der Radioaktivität aller Abfälle.

Zur Entsorgung dieser Abfälle werden zwei geologische Tiefenlager geplant: eines für hochaktive und langlebige mittelaktive Abfälle sowie eines für die schwach- und mittelaktiven sowie alphatoxischen Abfälle. Die beiden Lager befinden sich idealerweise am selben Standort, aber in unterschiedlichen Lagerkavernen (sogenanntes Kombilager). Die Standortsuche für das geologische Tiefenlager ist noch im Gange.
Ein Espresso pro Kopf in 60 Jahren
Im Gegensatz zu vielen anderen Industrien fallen bei der Kernenergie die Abfälle kontrolliert und konzentriert an. Bei 60 Jahren Strom aus Kernenergie in der Schweiz beträgt der Kernbrennstoffverbrauch pro Kopf ungefähr 500 Gramm. Das entspricht dem Volumen von zwei Zündholzschachteln oder einer Espressotasse oder einer Kugel von nur 4,7 Zentimetern Durchmesser. In diesem Material steckt auch fast die gesamte Radioaktivität.

Vergleichsweise geringe Gesamtmengen
Die Abfallmengen aus 60 Jahren Betrieb der Schweizer Kernkraftwerke (einschliesslich des Rückbaus) und dem Bedarf von Medizin, Industrie und Forschung sind überschaubar. So fasst ein Würfel von rund 20 Metern Seitenlänge sämtliche verglasten hochaktiven Abfälle und alle ausgedienten Brennelemente inklusive des dickwandigen Verpackungsmaterials. Dazu kommt ein Würfel von knapp 40 Metern Seitenlänge mit verpackten, schwach und mittel aktiven Abfällen aus dem Kraftwerkbetrieb und dem Rückbau der Kernkraftwerke. Dieser Würfel enthält jedoch nur ca. 1% der Radioaktivität aller Abfälle. Die gesamten Abfälle aller Kernkraftwerke hätten zusammen in der Haupthalle des Bahnhofs Zürich Platz.
Ausgediente Brennelemente und verglaste hochaktive Abfälle | 9400 Kubikmeter |
Schwach- und mittelaktive Abfälle aus dem Betrieb und dem Rückbau der fünf Schweizer Kernkraftwerke und der Brennelementverpackungsanlage (BEVA) |
62’000 Kubikmeter |
Schwach und mittelaktive Abfälle aus Medizin, Industrie und Forschung |
19'700 Kubikmeter |
Alphatoxische Abfälle |
1'100 Kubikmeter |
Total zirka |
92’200 Kubikmeter |
Diese Volumina umfassen auch die Verpackung der Abfälle: Ausgediente Brennelemente und hochaktive Abfälle werden in dickwandige Behälter aus Karbonstahl eingeschlossen, die schwach- und mittelaktiven Abfälle werden in speziellen Zement oder in glasartiges Material eingegossen. Sämtliche radioaktiven Abfälle werden als Feststoffe ins Tiefenlager verbracht. Fässer mit Flüssigkeiten, die auslaufen könnten, gibt es nicht.

Die schwach- und mittelaktiven Abfälle benötigen keine Abkühlungszeit. Sie können jederzeit in ein Endlager verbracht werden. In einigen Ländern (z.B. Schweden, Finnland und Frankreich) sind solche Lager bereits seit vielen Jahren in Betrieb.
Einschluss bis zum Abklingen der Radioaktivität
Sicher eingeschlossen, klingt die Radioaktivität der hochaktiven Abfälle mit der Zeit natürlich ab – zu Beginn sehr stark, später über lange Zeit immer weniger.

Die hochaktiven Abfälle strahlen sind nach 1000 Jahren noch etwa 100x giftiger (radiotoxischer) als das Uranerz, aus dem das Natururan gewonnen wurde. Nach 200’000 Jahren sind sie erst auf das Niveau der Menge Natururan abgesunken, welche für die Herstellung des Brennstoffes verwendet wurde. Radioaktive Abfälle dürfen aber auch nach diesen langen Zeiträumen nicht in unsere Nahrung oder unsere Atemwege gelangen – ebenso wenig wie chemische Giftstoffe, beispielsweise Blei und Quecksilber.

Die schwach- und mittelaktiven Abfälle starten von einem tieferen Giftigkeitsniveau aus. So sind sie nach 500 Jahren im Durchschnitt nicht gefährlicher als handelsüblicher Phosphatdünger, wie er in der Landwirtschaft verwendet wird. Nach rund 30’000 Jahren haben sie die gleiche Radiotoxizität wie Granitgestein.
Das Lagerkonzept der Nagra berücksichtigt all dies. In der Schweiz sollen alle radioaktiven Abfälle bis zu 900 Meter tief unter dem Erdboden im geeigneten Wirtsgestein Opalinuston gelagert werden. Sie werden weit über das Abklingen ihrer Radioaktivität hinaus vom Lebensraum der Menschen, Tieren und Pflanzen fern gehalten.

Themenlinks: Entsorgung
- Entsorgung der radioaktiven Abfälle: Nagra.
- Zwischenlagerung der radioaktiven Abfälle und ihr endlagergerechten Verarbeitung: Zwilag.
- Forschungsarbeit über Tongesteine: Felslabor Mont Terri.
- Standortsuche für geologische Tiefenlager: Bundesamt für Energie.
- Geschäftsstelle des Stilllegungsfonds für Kernanlagen und Entsorgungsfonds für Kernkraftwerke: STENFO.

Fakten zur Finanzierung der Entsorgung
Weitere Informationen zur Finanzierung der nuklearen Entsorgung finden Sie im Faktenblatt des Nuklearforums Schweiz.