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05.02.2021

Langzeitbetrieb: 60 ist das neue 40

Herbert Meinecke, Leiter des Kernkraftwerks Gösgen, weiss, warum das KKG sicher ist und sich ein Unfall wie in Fukushima nicht ereignen kann.

Langzeitbetrieb: 60 ist das neue 40

Das KKG ist jetzt gut 40 Jahre alt. Wie lange kann es noch laufen?

Das KKG hat eine unbefristete Betriebsbewilligung und darf so lange Strom produzieren wie es sicher ist. Mit einer hochwertigen Instandhaltung und zielgerichteten Modernisierungen ist ein Betrieb von 60 Jahren gut machbar. Auch 70 oder 80 Jahre sind eine technische Option.

Sind längere Laufzeiten nicht ein Sicherheitsrisiko?

Bis auf den Reaktordruckbehälter und die Sicherheitshülle aus Stahl kann man bei einem KKW fast alles austauschen beziehungsweise erneuern. Auch Sicherheitssysteme lassen sich nachrüsten oder erweitern. Die KKW in der Schweiz wurden und werden ständig modernisiert und gut unterhalten. Dazu sind wir gesetzlich verpflichtet. Durch eine umfangreiche Instandhaltung und Nachrüstung sind die KKW heute sicherer als bei ihrer Inbetriebnahme.

Sind für die nächsten 20 Jahre noch weitere Nachrüstungen nötig? Worauf muss man achten?

Nachrüstungen müssen sich gut ins Gesamtkonzept und die Auslegung der Anlage einfügen. Der sichere Betrieb muss zu jedem Zeitpunkt gewährleistet sein. Deshalb ist es wichtig, dass das Nachrüstkonzept für den Langzeitbetrieb eine sinnvolle, zeitliche Staffelung vorgibt, die die Kraftwerksorganisation nicht überlastet.

Lohnt sich denn der Betrieb eines älteren Kernkraftwerks wirtschaftlich überhaupt?

Das KKG ist mit den heutigen Produktionskosten von gut 4 Rappen pro Kilowattstunde durchaus marktfähig. In der sich langsam abzeichnenden Stromknappheit und dem steigenden Anteil der schwankend einspeisenden erneuerbaren Energien werden günstige und zuverlässige Kraftwerke an Bedeutung gewinnen.

Ist der Betrieb wirklich nötig für die Zukunft? Es gibt doch Alternativen.

Ein Kernkraftwerkt kann planbar zuverlässig 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche Strom produzieren. Auch sind wir bei Bedarf und entsprechender Vergütung in der Lage, Systemdienstleistungen anzubieten. Wir können beispielsweise Regelenergie zur Stabilisierung des Stromnetzes bereitstellen. Ob die beschlossene Energiewende realistisch ist, wird die Zukunft zeigen. Ich bin skeptisch.

Im März jährt sich das Reaktorunglück von Fukushima zum zehnten Mal. Haben Sie Bedenken, dass sich so ein Störfall trotz allem auch im KKG ereignen könnte?

Es ist wichtig, dass ein Kernkraftwerk so robust wie möglich gegen äussere Gefährdungen wie Erdbeben gebaut ist. In der Schweiz liegen umfangreiche und sehr konservative Überprüfungen aller äusseren Gefährdungen vor. Das KKG hat gegenüber diesen Gefährdungen eine Sicherheitsmarge und baut diese durch gezielte Nachrüstungen noch aus. Aus diesem Grunde habe ich keinerlei Bedenken.

Was hat sich im KKG nach Fukushima geändert?

Die äusseren Gefährdungen wurden überprüft und konservativ sehr hoch eingeschätzt. Das KKG geht zum Beispiel heute von Erdbebengefährdungsannahmen aus, wie sie normalerweise nur in Regionen mit höheren seismischen Aktivitäten vorkommen. Zusätzlich zu den Sicherheits- und Notstandssystemen der Anlage sowie werksinternem Notfallmaterial haben wir zusammen mit den Betreibern der anderen Schweizer Kernkraftwerke ein zusätzliches, zentrales Lager für Notfallmaterial installiert. Uns steht somit eine Art Kernfeuerwehr mit flexiblen Mitteln zur Verfügung.

Wäre es nicht sinnvoll, KKW zu bauen, anstatt die alten so lange laufen zu lassen?

Wenn man die Klimaproblematik wirklich ernst nimmt und langfristig und ohne ideologische Scheuklappen handelt, kommt man aus meiner Sicht nicht um den Neubau von Kernkraftwerken herum. Allerdings ist durch Subventionen und Umlagen der Strommarkt zurzeit dermassen verzerrt, dass sich so grosse Investitionen im Moment nicht finanzieren lassen, obwohl Kernkraftwerke auf lange Sicht sehr rentabel sind. Würde man den Bau von KKW genauso fördern wie andere Energieformen, stünde diese Option wieder zur Verfügung. Das tut beispielsweise Grossbritannien.